Agritourismus in der Krise? Der langsame Niedergang

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Su Corvu
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Agritourismus in der Krise? Der langsame Niedergang

Beitrag von Su Corvu »

Agritourismus in der Krise?
Der langsame Niedergang: jedes Jahr weniger Betriebe - während ihre Zahl in in Italien allerdings wächst.
Es gibt 3,3 Betriebe pro 100 Quadratkilometer: genauso viele wie im Jahr 2010. Seit 2017 wurden etwa 30 dieser landwirtschaftlichen Betriebe geschlossen. Positive Zahlen gibt es nur aus der Region um Sassari.

Im Internet werden sie oft zu den besten Restaurants der Insel gezählt, vor allem dank des positiven Feedbacks der Kunden, die sie wegen der Köstlichkeiten schätzen, die sie überall auf der Insel anbieten und sie deshalb an die Spitze der Ranglisten setzen. Doch seit einiger Zeit verliert auch die Welt des Agritourismus an Boden. Dies geht aus den Istat-Daten hervor, die in den letzten Wochen vom regionalen Statistikamt veröffentlicht wurden.

Die Landgasthöfe, zu denen in vielen Fällen auch Gasthäuser gehören, haben in den letzten Jahren eine schwierige Phase durchlaufen. Die Zahl der Betriebe ist sogar rückläufig: Von 2017 bis heute ist sie von 807 auf 777 gesunken. Abgesehen vom absoluten Wert, der vernachlässigbar erscheinen mag, lässt sich in den Statistiken ein deutlicher Gegentrend zu den landesweiten Entwicklungen beobachten:
Diese Anzahl der Betriebe wächst jedenfalls im Rest Italiens. Hingegen ist der stärkste Rückgang in Sardinien zu verzeichnen; ebenso aber auch in Umbrien, Molise und Kalabrien.

Um Sassari wachsen allerdings noch leicht die Zahlen. Die Gebiete, die vor allen Dingen Unternehmen verlieren, sind Oristano und Südsardinien. Nach Angaben des Regionalbüros von Staistica ist die Zahl der Agritourismibetriebe in der Provinz Sassari in 6 Jahren um ein Dutzend gestiegen. Negative Zahlen hingegen für das Gebiet der Provinz Oristano, das etwa 20 Betriebe verloren hat. Das Gleiche gilt für das Gebiet im Süden der Insel: etwa 20 Betriebe wurden geschlossen.

Ein Drittel der Betriebe wird übrigens von Frauen geführt. Von den 777 im Jahr 2022 erfassten Agritourismobetrieben werden 519 von Männern und 258 von Frauen geführt. Die meisten Betriebe (513) befinden sich in hügeligen Gebieten, 186 in der Ebene und nur 78 in den Bergen. Aber Agritourismo bedeutet nicht nur 'gedeckte Tische' mit allen guten Speisen der sardischen Küche. In vielen Fällen haben sich die Agritourismi zu einer Art Mischform mit dem Gasthaus-Bett-und-Frühstück entwickelt. Insofern ist es also kein Zufall, dass mehr als die Hälfte (424) der Betriebe nicht nur dem ausschließlichlichen Gaststättengewerbe gewidmet sind.

(Quelle: La Nuova Sardegna, 21.2.24)
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Carlo
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Re: Agritourismus in der Krise? Der langsame Niedergang

Beitrag von Carlo »

Wir haben uns im Laufe der letzten 40 Jahre (ich erschrecke selbst wenn ich das schreibe) einen „Stamm“ von Agriturismi zugelegt, vor allem auf Sardinien. Die Betreiber sind mit uns gealtert und immer mehr sind aus den unterschiedlichsten Gründen weggefallen oder haben sich verändert:

- die Betreiber vermieten nur noch Zimmer, der Aufwand für das Essen wurde zu gross, auch da die Ansprüche der Gäste stiegen
- die nachfolgende Generation hat einen anderen Beruf ergriffen, einige davon auch im Ausland und haben kein Interesse, den Agriturismo weiterzuführen.
- die Nachfrage nach B&Bs oder „Affite Camere“ ist stark gestiegen.
- günstig sind viel Agriturismi auch nicht mehr.
- wir selbst würden gerne „a la carte“ essen, weniger wegen des Preises sondern vor allem der Menge des Essens, wir sind meist nach den Antipasti schon satt.

Das sind jetzt alles unsere eigenen Erfahrungen, ich weiß nicht ob man das verallgemeinern kann. Zumindest existieren aber etwa ein Drittel der Agriturismi nicht mehr, die wir kennen und öfter besucht haben.

Gruß Carlo
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Re: Agritourismus in der Krise? Der langsame Niedergang

Beitrag von Salamaghe »

Hier in unserer Gegend kann ich nicht beobachten, dass es einen Rückgang gibt. Die, die ich über Jahrzehnte kenne sind noch da.
Was mir auffällt, das der ürsprüngliche Gedanke teilweise verloren geht und viele auf " chic" machen. Die Speisen sind angepasst, teilweise nicht mehr sardisch, weil die sardische Küche halt fleischlastig ist oder auch viel mit Innereien. Das wiederum ist von Touristen oft nicht gewünscht. Aber ist der Agriturismo nicht der Spiegel des Landes? Der Region?
Sicher sind viele teurer geworden, manche auch übertrieben, doch wer mal für die Familie Ravioli oder Gnocchi gemacht hat, weiß was das für Arbeit ist.
Ich liebe das ürsprüngliche und sardische, und es gibt sie auch noch, und hoffe das es solche Agriturismi noch lange gibt. Denn in Restaurants kann man so gut wie gar nicht die ursprüngliche sardische Küche probieren.
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Su Corvu
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Re: Agritourismus in der Krise? Der langsame Niedergang

Beitrag von Su Corvu »

In unserer Gegend Region (Budoni und Hinterland) eröffnete der erste Agriturismo vor rund 30 Jahren, es war der von Muru Idda, damals in Tamarispa, später umgezogen nach San Lorenzo. In den folgenden Jahren schossen neue Agriturismi wie Pilze aus dem Boden, viele wurden sicherlich gegründet, weil es eine finanzielle Förderung durch die Region gab. Fazit: Die Konkurrenz ist groß, das Geschäft konzentriert sich auf die Sommersaison u. damit auf die Touristen, einhergehend mit dieser Entwicklung ist oft eine dürftige Qualität.

Hinzu kommen stark gestiegene Preise, auch über 35 €, Touristen mögen sich das leisten können, eine normale sardische Familie selten. Außerdem haben sich die Essgewohnheiten geändert, immer mehr Gäste bevorzugen vegetarische oder vegane Gerichte, die Restaurants mit a la carte haben sich darauf eingestellt, den Agriturismi fällt dies schwer, denn die traditionellen ländliche sardische Küche ist, wie Salamaghe schon sagte, fleischlastig.

Der Agriturismo Su Debieddu in San Lorenzo hat daraus die Konsquenzen gezogen und ist wieder zum Restaurant geworden.
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eumel
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Re: Agritourismus in der Krise? Der langsame Niedergang

Beitrag von eumel »

Wir lieben Muru Idda, das Essen ist hervorragend - und wir können dort zu Fuß hin. Aber im Oktober wollten sie 55€/Person und Essen gibt es erst ab 20:20h und das ist uns für die Menge an Speisen definitiv zu spät
Salamaghe
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Re: Agritourismus in der Krise? Der langsame Niedergang

Beitrag von Salamaghe »

Naja 55€ ist schon an der Grenze, aber im Muru Idda gibt es viele Speisen, man könnte, wenn man will nach haben. Es ist alles selber gemacht. Daher ist der Preis noch okay.
Aber es gibt auch welche, da kommen die Gnocchi aus der Packung und das geht gar nicht.
Es gibt aber auch einige, da kann man natürlich in größeren Gruppen auch Mittags essen.
Hervoragende Agriturismi gibt es um Padru. Manche sind größer und eher für Familienfeiern wie z.B. Agriturismo Boltei ausgelegt, aber es gibt dort auch kleine, ländliche Familienunternehmen.
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Su Corvu
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Re: Agritourismus in der Krise? Der langsame Niedergang

Beitrag von Su Corvu »

Ich finde 55 € schon mehr als grenzwertig. Wir waren im letzten Jahr im Januar im Agriturismo Tenuta le Terre 1927 in Schifani (zwischen S. Teodoro u. Budoni) u. haben dort für das hervorragende Menü 40 € bezahlt. Hier mein damaliger Bericht: https://sardinien-forum.org/viewtopic.php?t=1652
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Re: Agritourismus in der Krise? Der langsame Niedergang

Beitrag von Maja »

Es gibt durchaus noch sehr gute und preiswerte Möglichkeiten, vor allem auch im Inland. Bei Omu Axiu in Orroli haben wir schon öfter gegessen und waren immer sehr zufrieden. Hier z.B das diesjährige Ostermenu.
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Re: Agritourismus in der Krise? Der langsame Niedergang

Beitrag von futurestyling »

Gibt es auch hier nur komplette Menü's?
Ich kann(gesundheitlich) und will nicht solche Mengen vorgesetzt bekommen und konsumieren.
MfG, Helmut
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Carlo
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Re: Agritourismus in der Krise? Der langsame Niedergang

Beitrag von Carlo »

futurestyling hat geschrieben: 08.03.2024, 16:17 Gibt es auch hier nur komplette Menü's?
Ich kann(gesundheitlich) und will nicht solche Mengen vorgesetzt bekommen und konsumieren.
MfG, Helmut
Wir haben dasselbe Problem. Es gibt allerdings auch Agriturismi in denen man a la carte oder zumindest ein abgespecktes Menü essen kann. Spontan fallen mir „Su Connottu“ zwischen Atzara und Sorgono oder „Agriturismo Rena“ bei Arzachena ein. Ich denke, ich lege mal eine Liste an, wenn jemand beitragen will/kann - gerne.

Gruß Carlo
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