Tourismus auf Sardinien 2022/2023

[Salamaghe]

Da muss ich Günther Recht geben. Seit Airberlin nicht mehr fliegt ist es sehr schwierig nach NRW im Winter zu kommen. Entweder von Haan, was auch mit Frankfurt nix zu tun hat. Dann früher Weeze, hat mit Düsseldorf nix zu tun und immer nach Cagliari.
Von November bis Ostern denke ich immer...hoffentlich muss ich nicht mal schnell nach NRW.

Ich habe auch leider noch was unter Flughafen Olbia geschrieben. Man möge mir verzeihen

[Luna sarda]

Ich verstehe das auch nicht, warum der Flugplan in der Nebensaison derart ausgedünnt ist, vor allem was Direktflüge von europäischen Städten angeht. Gerade weil doch Sardinien durch die Insellage mobilitätsmässig vom Festland abgehängt ist, müsste es um so mehr Flugmöglichkeiten geben. Es gibt unglaublich viele Sarden, die im europäischen Ausland leben und diese Flüge nutzen würden, nicht nur von Mailand oder Rom...allein im Grossraum München gibt es über 40.000!!

[Su Corvu]

Ich hatte (auch mich) gefragt, "aber was ist eigentlich so schlimm daran, dass nicht das ganze Jahr über so viele Touristen auf die Insel kommen wie in der Hochsaison?". Gilt auch für den Tourismus noch das doch längst in anderen gesellschaftlichen Bereichen in die Kritik geratene Wachstumspostulat? Wer profitiert eigentlich vom kommerzialisierten Tourismus: In erster Linie die Reiseveranstalter, Hotels, Gastronomie, Flughäfen, Airlines oder Redereien. Die dort erzielten Gewinne verbleiben aber kaum auf der Insel. Die einheimischen Betriebe und Vermieter von Unterkünften können allein von den Touristen nicht leben. Das weiß doch jeder von uns, der ein Ferienhaus vermietet: Den konstanten Unterhaltskosten stehen nicht fest kalkulierbare Einnahmen in nur wenigen Monaten des Jahres gegenüber.
Ich bin also zufrieden, wenn die Urlauberzahlen nicht weiter ansteigen und die Spitzenzeiten saisonal begrenzt sind. Wer die Insel individuell erkunden will, kann dies ganzjährig tun und muss nicht mit speziellen Kampagnen "angelockt" werden.

[Luna sarda]

1. Soviele Touristen wie im Sommer würden eh nicht kommen
2. Es braucht keine grossen Kampagnen, die Leute anlocken sollen, sondern lediglich ein akzeptables Angebot, um auch in der Nebensaison schnell und und unkompliziert auf die Insel zu kommen
3. Profitieren könnten dann kleine Unternehmen wie Agriturismen, generell in der Gastronomie und auch private Vermieter

[Su Corvu]

Über die Schattenseiten des ungehemmten Tourismus haben wir noch kaum gesprochen. Ein Beispiel: San Teodoro hat um 5.000 Einwohner, aber in der Hochsaison halten sich nach Angaben der Bürgermeisterin täglich rund 120.000 Touristen im Gebiet der Gemeinde auf. Daher rund um das kleine historische Zentrum ausgedehnte Ferienhaussiedlungen, die außerhalb der Saison unbewohnt und verödet sind.

[Salamaghe]

Man hört immer es lohnt sich nicht. Wer Miete für ein Ladenlokal zahlen muss oder aber auch steuerliche Abgaben. Ich kenne mich nicht aus, aber es heißt immer das man viel verdienen muss um letztendich was davon zu haben.
Ich fänd es nicht schlimm das vereinzelte Touristen außerhalb der Saison kommen die das Landesinnere erkunden wollen, aber die Massen das ganze Jahr brauche ich auch nicht.

[Luna sarda]

'Ungehemmter Tourismus'... die Frage ist doch, warum strömen denn die Massen nach San Teodoro und Umgebung?
Das wurde doch eindeutig von den Gemeinden forciert in dieser Region, wo sich die Ferienhaus-Neubauten immer weiter in die Berglandschaft 'fressen' dürfen, wo die Halligalli-Angebote ausufern, denn wichtig ist doch, dass da 'was los ist', die Urlauber wollen das... und entsprechend wird das vermarktet!
Und dann wundert man sich, wenn es zu viel wird...

Ähnliches Beispiel ist Villasimius - das ursprüngliche Fischerdorf hatte etwa 500 Einwohner, und dann hat man angefangen, die Hänge rundherum mit Ferienhäusern regelrecht zuzupflastern, was mit Zigtausend Gästen dann in der Hauptsaison ausufert. Abends kann man sich in den Strassen nur noch schiebend in der Masse vorwärts bewegen. Gut, wer das unbedingt braucht...

[Carlo]

Heute kann man lesen, dass die Region 62 Mio€ in den Ausbau der 4 historischen Teilstrecken des Trenino Verde stecken will. Man will damit vor allem den Tourismus im Inselinneren fördern. Die Urlauber, die im Sommer kommen wollen aber i.d.R. in die Nähe des Meeres. Ausflüge mit der Eisenbahn sind klassische Gelegenheiten bei eher wechselhaftem Wetter oder im Frühjahr/Herbst bei niedrigeren Temperaturen. Damit stößt man aber als ausländischer Urlauber wieder auf die schon oft beschriebenen Probleme (Direktflüge aus dem Ausland, geschlossene Infrastruktur etc.). Und ob die Italiener nach Sardinien zum Eisenbahnfahren kommen wollen bezweifele ich. Ob diese Massnahme also wirklich zu einer Diversifizierung des Urlaubsangebotes führen wird, ist fraglich. Bei meinem letzten Besuch im wunderschönen Bahnhof von Tempio um Ostern konnte man dort nicht mal einen Kaffee trinken. Wie so etwas gut funktioniert lässt sich z.B. auf den Strecken und Bahnhöfen der Rhätischen Bahn erleben. Ich bin mittlerweile bei Günther und sage mir, ich genieße die touristische Ruhe im Winterhalbjahr, wandern kann man auch ohne Infrastruktur und die kalte sardische Bratwurst mit einem Roten aus Monti (manchmal sogar mit dem aus dem eigenen Weinberg) schmeckt auch aus dem Rucksack. Und ich habe so eine Ahnung, dass viele Sarden auch nichts gehen eine Ruhezeit haben.

Ein schönes, heißes Wochenende euch allen,

Gruß Carlo

p.s. was genau mit den 62 Mio € geschehen soll, erfährt man in dem Artikel leider nicht

https://www.ansa.it/sardegna/notizie/20 ... 6b2b0.html

[Salamaghe]

So sehe ich das auch, mit der kalten Wurst und dem Roten aus dem Rucksack. Wir begegnen schon auch ein paar Touristen bei unseren Aktivitäten außerhalb der Saison. Kommen dann immer nett ins Gespräch. Wir genießen das und die wenigen Touristen auch.

[Su Corvu]

"... die Frage ist doch, warum strömen denn die Massen nach San Teodoro und Umgebung? Das wurde doch eindeutig von den Gemeinden forciert"

Historisch kamen die "Touristen" anfangs eher ungeplant. die ersten Deutschen, die San Teodoro für sich entdeckten, waren Anfang der 1960er-Jahre einige VIP wie der Verleger Bauer. Als das dann medial verbreitet wurde, kamen die Nachahmer, später ereilte Budoni ein ähnliches Schicksal. Das entwickelte sich also als eine Art Kettenmigration.

Aktiv an der Anwerbung waren die Kommunen m.E. nicht beteiligt, dafür fehlte ihnen das Know How - u. ebenso später bei den städteplanerischen Reaktionen.