Spät,aber doch!

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futurestyling
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Spät,aber doch!

Beitrag von futurestyling »

Eine meiner vielen Begegnungen und Erlebnisse auf Sardinien wurden mir heute wieder ins Gedächtnis gerufen.
Da diese Erfahrung eigentlich für Italien und im Speziellen für Sardinien als typisch zu bezeichnen ist und von deren Gastfreundschaft zeugt,möchte ich Euch davon gerne kurz erzählen.
Bin von 1994 an gut über 10 Jahre mit meinem südtiroler Freund aus Umgebung Bozen zu den italienischen Auto- Bergrennen von Südtirol bis Sizilien unterwegs gewesen.
Franz war stets sehr erfolgreich und wurde nach Gewinn etlicher italienischer Meisterschaften auch einige male Berg Europameister!
1995 war ich mit ihm in Alghero,dort findet jährlich das Rennen auf Scala Piccada hinauf statt.
Am Abend nach dem Training wollte ich noch etwas die Umgebung erkunden und fuhr mit meinem Lotus Super Seven Roadster Richtung Bosa der Küste entlang.
Ich war dermaßen in die tolle Landschaft und die schöne Straße vertieft und hatte meine Instrumente nicht im Blick.
So kam in einer längeren Steigung mit plötzlichem Ruckeln des Autos die Ernüchterung,ich hatte zu tanken vergessen!
Reservekanister hatte ich bei Franz im Fahrerlager(wollte ihn eigentlich befüllen,leider vergessen) !
Hab umgekehrt und bin dann noch ca.2 Kilometer zurück, Richtung Alghero gekommen,dann war Schluß!
Hab in einer kleinen Ausweiche eingeparkt und am Straßenrand auf Vorbeikommende gewartet um eventuell Hilfe zu bekommen.
Innerhalb ca.2 Stunden kamen lediglich 3 Autos vorbei,leider keines mit Ersatzbenzin.
Es wurde schon dunkel und ich stellte mich schon auf Übernachten im Freien ein(Schlafsack hatte ich immer im Gepäck)_da hielt ein alter Fiat an.
Nach dem schildern meines Problems begann die große Suche im Kombi,der vollbepackt bis oben war.
Die 2 Fischer fingen plötzlich zu lachen an
und erklärten mir das sie das selbe Problem haben.Sie hatten den Benzinkanister im Boot vergessen!
Im kleinen Benzintank,der mitgenommen wurde,war jedoch noch noch etwas Sprit,der bis zur Tankstelle in Alghero reichen sollte.Alle Versuche diesen in meinen Tank zu füllen schlugen fehl,der Einfüllstutzen war ja am vergessenen Kanister!
Wieder wurde alles umgekramt um was etwas Brauchbares zum Befüllen zu finden,vergebens.
Dann ging Pietro nach vorne und kramte eine Flache Rotwein unter dem Sitz hervor.
Zwei Probleme auf einmal gelöst, sagte er.
Jetzt trinken wir den Wein,schlagen dann den Boden ab und haben einen Stutzen!
Der Wein war hervorragend und Pietro meinte eine zweite,geleerte Flasche als Reserve könne nicht schaden und zauberte eine 2.unter dem Sitz hervor.
Dann begann der Versuch des Befüllens. Die erste Flasche ging in Trümmer auf,die zweite war auch unbrauchbar.
Daraufhin ging Antonio zu senem Sitz und holte auch eine Flasche Wein hervor.Erst geleert und dann versuchte es Antonio,es klappte!
Pietro fragte Antonio seit wann auch er eine Flasche Wein unter dem Sitz habe.Nur für den Ernstfall,falls wir etwa zum Befüllen brauchen,antwortete er!
Und übrigens habe ich auch eine zweite unter dem Sitz,die trinken wir jetzt auch noch nach getaner,erfolgreicher Arbeit!
Pietro gab mir noch seine Adresse,ich ihm meine Telefonnummer,und wir verabschiedeten uns herzlich, bis bald!
Das Jahr darauf war ich natürlich wieder in Alghero mit einigen tiroler Leckereien dabei um Pietro und Antonio zu besuchen.
Bei der Adresse angekommen und vielem Nachfragen musste ich leider zur Kenntnis nehmen das Pietro im Winter auszog und nicht mehr im Ort wohnte.Die neue Wohnadresse,angeblich in Bosa,konnten wir nicht herausfinden.
Im Jahr darauf versuchte ich es wieder und es gelang mir weder in Alghero noch in Bosa seine Adresse ausfindig zu machen,leider.
Und so vergingen die Jahre und ich konnte nichts mehr in Erfahrung bringen,Pietro war "verschwunden"!
Bis gestern,da bekam ich einen Anruf aus Sardinien,von Pietro!
Ich erzählte ihm natürlich von meinen vergeblichen Versuchen ihn und Antonio zu besuchen.Er erzählte mir seinerseits vom Bemühen meine Telefonnummer zu finden, ebenso vergebens.
Dann,so sagte er,fuhr er letzten Samstag spontan nochmals bei seiner alten Wohnadresse vorbei.Ihm war eingefallen dass er seine alte,abgefrackte Jacke damals beim Umzug nicht mehr mitnahm und in dem alten Wirtschaftsgebäude zurück ließ.
Die hing immer noch dort,samt meinem Notizzettel mit Telefonnummer!
Wir beschlossen natürlich uns heuer endlich wieder zu sehen zusammen mit Antonio.Bei der Verabschiedung meinte er noch das sie seitdem immer einen Extra-Kanister mitführen,sowie immer genug Wein,und letztlich warten ja noch einige Flaschen auf gemeinsames" Entleeren "!
Bis bald!
LG,Helmut
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Luna sarda
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Re: Spät,aber doch!

Beitrag von Luna sarda »

Eine wirklich verrückte Geschichte, aber auch toll! Und mit einem solchen unglaublichen Ende!!!
Danke!
L'abitudine è la più brutta delle malattie. Ti fa accettare di tutto, anche di non essere felice!
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Casa Sardegna
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Re: Spät,aber doch!

Beitrag von Casa Sardegna »

Erstaunlich, Du gehörst also zu den wenigen Menschen, deren Telefonnummer noch dieselbe ist, wie vor 27 Jahren.
Tolle Story, vor allem, wenn ihr Euch nach der langen Zeit noch wiedererkannt habt und es offenbar genug zu erzählen gab.
Tanti Saluti

Maria Pia und Michael
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Carlo
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Re: Spät,aber doch!

Beitrag von Carlo »

Eine wunderbare Geschichte.

Ich möchte eine weitere hinzufügen - auch wenn sie vielleicht nicht ganz an diese Stelle passt. Vor 30 Jahren wollten wir Silvester mit Verwandten in deren Haus auf Sardinien feiern. Wir sind also Ende Dezember mit Meridiana von Rom nach Sardinien geflogen. Die Landung in Olbia scheiterte an einem Schneesturm, ebenso der Versuch, in Alghero zu landen. Wir landeten schlussendlich in Cagliari gegen 20:00h. Unsere Verwandten warteten vergeblich in Olbia, Mobiltelefone gab es damals noch nicht. Ich habe in Cagliari ein Auto gemietet und wir haben uns in der Nacht auf den Weg Richtung Olbia gemacht. Bei Nuoro sind wir im Schnee mit Sommerreifen hängen geblieben, ein LKW-Fahrer hat uns beim Schneeschaufeln geholfen. Übernächtigt kamen wir im Haus unseres Schwagers gegen 2:00h an - da stellte unsere damals 5-jährige Tochter fest, dass ihre Tasche mit dem geliebten Teddy verschwunden war, es flossen Tränen in Strömen. Meine Frau hat noch in der Nacht versucht, jemanden im Flughafen telefonisch zu ereichen, was ihr dann auch beim Carabinieriposten gelang. Ein Beamter schaute auf dem Parkplatz nach und fand tatsächlich die Tasche mit dem Teddy unversehrt auf dem Parkplatz des Autovermieters. Er sagte auch zu, sich um den Transport der Fundsache nach Olbia zu kümmern. Unsere Tochter schlief beruhigt ein - der Teddy war ja gefunden. Drei Tage später der erlösende Anruf vom Schalter der Meridiana aus Olbia - der Teddy war angekommen. Ein paar Tage später konnten wir ihn wohlbehalten dort vor dem Rückflug in Empfang nehmen. Dabei erfuhren wir auch, wie der Teddy von Cagliari nach Olbia gelangt war: eine Bekannte des Carabinieri hat ihn mit nach Sassari genommen, von dort hat ihn ein Busfahrer mit nach Olbia zum Flughafen genommen. Unsere mittlerweile sehr erwachsene Tochter erinnert sich heute noch an diese Geschichte und macht sie für ihre Begeisterung für die Insel und ihre Bewohner verantwortlich - ein Land, in dem sich die Menschen um die Nöte eines 5-jährigen Mädchens kümmern, muss etwas besonderes sein.

Gruß Carlo
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