Sprachliche Minderheiten auf Sardinen
Verfasst: 14.04.2020, 17:38
Alle reden von Corona - wir nicht (nur) - und haben Muße zum Stöbern in Nischen
Dass Sardisch kein "Dialekt" ist, sondern eine eigenständige, alte romanische Sprache, hat sich inzwischen herumgesprochen. Dass es aber auf Sardinien noch andere sprachliche Minderheiten gibt, ist eher unbekannt. Daher hole ich hier einen älteren Beitrag von mir noch einmal ans Licht.
Der römische Ministerrat hat vor fünf Jahren ein Gesetzesdekret erlassen, wonach die adminstrativen Maßnahmen zum Schutz der sardischen u. katalanischen Sprache u. Kultur auf die Region übertragen werden. Außerdem sollen dafür finanzielle Mittel bereitgestellt werden. Hier der Link:
http://lanuovasardegna.gelocal.it/regio ... hfnsssbr-4
Die dort zu findende Karte mit der Verteilung der Sprachen auf der Insel ist übrigens völlig unzulänglich. Diese großen, geschlossenen u. klar abgegrenzten Sprachgebiete gibt es in der Form nicht, den Sprachenatlas muss man sich vielmehr wie einen Flickenteppich vorstellen. Außerdem wird auf Sardinien nicht "corso" gesprochen, sondern "gallurese", welches viel mit dem Korsischen gemein hat (oder umgekehrt), aber eine andere Varietät der gallo-italienischen Sprachenfamilie darstellt.
Zur Erinnerung: „Die Republik schützt mit geeigneten Normen die sprachlichen Minderheiten“, so steht es im Artikel 6 der italienischen Verfassung von 1946. Aber erst 1999 trat auf nationaler Ebene ein Gesetz in Kraft, welches erstmals die Rechte der „historischen sprachlichen Minderheiten“ regelt (Gesetz Nr. 482 „Norme in materia di tutela delle minoranze linguistiche storiche“ vom 15.12.1999). Es sieht Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung von Sprache und Kultur der Minderheiten vor, darunter Unterricht in den Minderheitensprachen im Bildungssystem (vom Kindergarten bis zur Universität), Gebrauch der Sprachen in öffentlichen Institutionen sowie fakultative Projekte seitens der Regionen, Provinzen und Kommunen zur Förderung der Minderheiten im Kultur- und Medienbereich. Die Umsetzung des Gesetzes lässt in vielen Regionen noch immer auf sich warten, so auch auf Sardinien.
Das Gesetz Nr. 482 bezieht sich allerdings nur auf 12 der rund 20 sprachlichen Minderheiten Italiens. Nicht berücksichtigt sind u.a. Juden, Sinti und Roma sowie die auf den Sardinien vorgelagerten Inseln San Pietro u. Sant’Antioco lebende Minderheit der „Tabarchini“.
Die Zahl der Sprecher des Sardischen u. Katalanischen kann nur geschätzt werden. Nach Erhebungen deutscher u. spanischer Romanisten wird davon ausgegangen, dass auf Sardinien rund 1.400.000 Menschen im Alltag noch Sardisch sprechen, und um 20.000 noch Katalanisch, vornehmlich im Raum Alghero.
Zu den "Tabarchini" auf San Pietro hatte ich hier schon einmal geschrieben;
viewtopic.php?f=20&t=783&p=8006&hilit=tabarchini#p8006
Und jetzt habe ich noch eine Abhandlung des deutschen Schriftstellers und Verlegers Friedrich Justin Bertuch aus dem Jahr 1827 entdeckt:
https://books.google.it/books?id=KHAEAA ... ro&f=false
Günther
Dass Sardisch kein "Dialekt" ist, sondern eine eigenständige, alte romanische Sprache, hat sich inzwischen herumgesprochen. Dass es aber auf Sardinien noch andere sprachliche Minderheiten gibt, ist eher unbekannt. Daher hole ich hier einen älteren Beitrag von mir noch einmal ans Licht.
Der römische Ministerrat hat vor fünf Jahren ein Gesetzesdekret erlassen, wonach die adminstrativen Maßnahmen zum Schutz der sardischen u. katalanischen Sprache u. Kultur auf die Region übertragen werden. Außerdem sollen dafür finanzielle Mittel bereitgestellt werden. Hier der Link:
http://lanuovasardegna.gelocal.it/regio ... hfnsssbr-4
Die dort zu findende Karte mit der Verteilung der Sprachen auf der Insel ist übrigens völlig unzulänglich. Diese großen, geschlossenen u. klar abgegrenzten Sprachgebiete gibt es in der Form nicht, den Sprachenatlas muss man sich vielmehr wie einen Flickenteppich vorstellen. Außerdem wird auf Sardinien nicht "corso" gesprochen, sondern "gallurese", welches viel mit dem Korsischen gemein hat (oder umgekehrt), aber eine andere Varietät der gallo-italienischen Sprachenfamilie darstellt.
Zur Erinnerung: „Die Republik schützt mit geeigneten Normen die sprachlichen Minderheiten“, so steht es im Artikel 6 der italienischen Verfassung von 1946. Aber erst 1999 trat auf nationaler Ebene ein Gesetz in Kraft, welches erstmals die Rechte der „historischen sprachlichen Minderheiten“ regelt (Gesetz Nr. 482 „Norme in materia di tutela delle minoranze linguistiche storiche“ vom 15.12.1999). Es sieht Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung von Sprache und Kultur der Minderheiten vor, darunter Unterricht in den Minderheitensprachen im Bildungssystem (vom Kindergarten bis zur Universität), Gebrauch der Sprachen in öffentlichen Institutionen sowie fakultative Projekte seitens der Regionen, Provinzen und Kommunen zur Förderung der Minderheiten im Kultur- und Medienbereich. Die Umsetzung des Gesetzes lässt in vielen Regionen noch immer auf sich warten, so auch auf Sardinien.
Das Gesetz Nr. 482 bezieht sich allerdings nur auf 12 der rund 20 sprachlichen Minderheiten Italiens. Nicht berücksichtigt sind u.a. Juden, Sinti und Roma sowie die auf den Sardinien vorgelagerten Inseln San Pietro u. Sant’Antioco lebende Minderheit der „Tabarchini“.
Die Zahl der Sprecher des Sardischen u. Katalanischen kann nur geschätzt werden. Nach Erhebungen deutscher u. spanischer Romanisten wird davon ausgegangen, dass auf Sardinien rund 1.400.000 Menschen im Alltag noch Sardisch sprechen, und um 20.000 noch Katalanisch, vornehmlich im Raum Alghero.
Zu den "Tabarchini" auf San Pietro hatte ich hier schon einmal geschrieben;
viewtopic.php?f=20&t=783&p=8006&hilit=tabarchini#p8006
Und jetzt habe ich noch eine Abhandlung des deutschen Schriftstellers und Verlegers Friedrich Justin Bertuch aus dem Jahr 1827 entdeckt:
https://books.google.it/books?id=KHAEAA ... ro&f=false
Günther