Buchbesprechung "Die sardische Hirtin"

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Su Corvu
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Buchbesprechung "Die sardische Hirtin"

Beitrag von Su Corvu »

Mir ist zufällig ein, wie ich meine, wunderbares Buch in die Hände gefallen:

Thomas Münster: Die sardische Hirtin. Roman. Süddeutscher Verlag: München 1960 u. Deutsche Buch-Gemeinschaft: Darmstadt 1963
(Gebunden, mit schönem Aquarell eines Dorfes mit dem Gennargentu im Hintergrund auf dem Einband, 310 S.)

Der Band ist noch im Internet zu haben,ab ca. 2 €!

Das Buch von Thomas Münster ist ein spannender historischer Roman, und gleichzeitig ein faszinierender Reisebericht. Lazaro Bertone, ein früherer Leutnant des Stabs von Garibaldi und Lehrer aus Turin, wird um 1861 nach Torreneru auf Sardinien versetzt, ein kleines Dorf im Herzen der Barbagia, an der Flanke des Bruncu Spina gelegen. Er soll dort die Kinder von Torreneru und dem Nachbardorf Budi unterrichten, aber niemand weiß davon bei seiner Ankunft, eine Schule gibt es nicht, und die Kinder lassen sich nicht blicken. Schließlich gelingt Bertone der Anfang: Aus einem zerfallenen Stall macht er das Klassenzimmer, und es gelingt ihm, einen Hirten dazu zu bewegen, seinen Sohn zum Unterricht zu schicken. Im Fortgang der Geschichte ist die Handlung verwoben mit einer genauen und einfühlsamen Beschreibung der dörflichen Gesellschaft und ihrer oftmals archaischen Bräuche, der Leser erfährt mehr über die Barbagia ("Barbarei" nennt sie der Autor) als aus manchen ethnographischen Werken. Aber das Buch ist, wenngleich fast versteckt, auch eine Liebesgeschichte. Die "sardische Hirtin", das wilde Mädchen Norma, ist der Grund dafür, daß der Lehrer der Insel nicht den Rücken kehrt, sondern bleibt.

(Ich versuche noch Informationen zum Autor zu recherschieren. Er muß sich mehrfach auf der Insel aufgehalten und die Schauplätze des Romans erkundet haben. Interessant ist auch, daß "Die sardische Hirtin" beim Erscheinen des Buches 1960 offensichtlich ein Lesepublikum gefunden hat, denn "Sardinien" war doch seinerzeit im deutschsprachigen Raum weitgehend ein Fremdwort, eine "vergessene Insel" (Steinitzer 1924).)

Günther
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