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"Schwarzarbeit"

Verfasst: 14.09.2020, 21:06
von futurestyling
So sehr ich die Vielzahl deiner Berichte auch schätze,lieber Günther,andere schreiben ja diesbezüglich so gut wie nichts,mit der Bedeutung des Tourismus für Sardinien liegst du leider etwas daneben.
Ich bereise jetzt schon seit über 50 Jahren diese Insel und glaube mir ein gutes Bild davon gemacht zu haben.Meine Erfahrungen passieren großteils auf Aussagen meiner inzwischen gewonnenen Freunde und Bekannten, und wir sind uns Eins.So gut wie Alle gehen von ca. 50% Wertschöpfung aus.
Ich spreche jetzt nicht nur von den Geschäften mit Ersatzteilen, Zubehör, Abschleppungen und Werkstattdiensten.
Viele Sarden haben ein zweites Standbein, meist im Agrarbereich, Wohnungsvermietung oder anderen Dienstleistungen, die Sie anbieten.
Im Agrarbereich haben heuer schon einige aufgegeben.Lidl,Eurospin,etc. haben kein Interesse,Private sind großteils Selbstversorger.Den Ristorante bleiben die Gäste aus und so bleiben sie dann auf ihrem Gemüse sitzen.Der einheimische Gaststättenbesuch geht auch merklich zurück da es sich die Leute ganz einfach nicht mehr leisten können.
Zum Schluss nur ein Beispiel:
Ein Bekannter von mir wurde jahrelang von Verwandten beliefert.Er musste jetzt die Anlieferungen stoppen,da keine Verwendung mehr gegeben war.
So gut wie jeder auf der Insel,ob Großhotel s,Gaststätten,Pizzerien oder dergleichen haben auf den "Schwarzmarkt" zurückgegriffen. Wenn aber der Tourismus einbricht, dann bricht vieles ein.
P.s.:
Um Mißverständnissen vorzugreifen,dieser Bericht ist jetzt nicht auf Günther bezogen,sondern auf die kursierenden Zahlen der Tourismuswertschöpfung.
Noch einen schönen Abend wünscht euch allen Helmut

Re: "Schwarzarbeit"

Verfasst: 15.09.2020, 07:52
von Su Corvu
Lieber Helmut,
fast alles richtig, was Du schreibst, aber mein Maßstab war immer das BIP - italienisch PIL, Prodotto interno lordo, also das sardische Bruttoinlandsprodukt. Und dazu trägt der Tourismus mit allen seinen "Zulieferern" gerade mal im Schnitt 7 Prozent bei, die oft totgesagte Landwirtschaft hingegen um 25 Prozent, mit steigender Tendenz.

Und Deine Erfahrungsberichte kann ich sogar noch persönlich ergänzen: Mein Schwager hat in Budoni einen kleinen Fotoladen und arbeitet als Berufsfotograf vor allem auf Hochzeiten. Der Umsatz des Geschäfts geht mit sinkenden Touristenzahlen kontinuierlich zurück, Hochzeiten fanden unter Corona nicht statt, und werden ohnehin seltener, weil jüngere Paare kaum noch heiraten (übrigens auch aus ökonomischen Gründen). Ende September schliesst er jetzt sein Geschäft für immer, denn die Miete und die hohen Steuern sind geblieben.

Re: "Schwarzarbeit"

Verfasst: 15.09.2020, 08:45
von Casa Sardegna
Der Cousin meiner Frau hat nach 20 Jahren seine Pizzeria in Triei schließen müssen, obwohl sich das Lokal mietfrei im Haus seiner Schwester befand.

Grund waren saftig gestiegene staatliche Abgaben und Müllgebühren, was letztendlich auf Geldwechseln hinauslief und kein Unternehmerlohn übrig blieb.

Er arbeitet (e) jetzt als Pizzaiolo in einem Agriturismo ( bis Corona kam)

Re: "Schwarzarbeit"

Verfasst: 15.09.2020, 21:21
von eckart
Ich denke, der Tourismus steckt in den "Kinderschuhen". Zumal doch die Saison erst richtig im Mai losgeht und im Oktober schon wieder endet. Also 6 Monate von 12.
Für den Touristen, Reisenden, dem Besucher mag es in den warmen Monaten den Anschein haben, dass die Insel vor allem vom Tourismus lebt. Der Sarde lebt aber 12 Monate auf der Insel. Durch das bereits oben beschriebene geht dann vieles kaputt. Denn man benötigt neben Angebot auch die Nachfrage über 12 Monate und politische Fehl Entscheidungen verschlimmern das ganze. 6 Monate reichen da nicht! Und sind es eigentlich volle 6 Monate? Mai/Juni doch noch ganz entspannt und der Oktober wächst langsam. Fazit für mich deshalb wie oben beschrieben. Tourismus aktuell nicht der Gewinn Magnet für die Insel.

Hier aber mal etwas Positives, gerade gefunden:
Quelle: https://www.sardiniapost.it/cronaca/mog ... ani-sardi/

Überschrift: Mogoro, Covid hat die Messe nicht gestoppt: neuntausend Menschen für sardische Handwerker.